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Performance im KulturHaus REMISE am 14. Juni 2025:
»Was geht...«

Was ist erlaubt? Was wird verboten? Und wie fühlt es sich an, wenn Kunst – oder gar die eigene Identität – nicht mehr sein darf?

Rückblick: Eine Veranstaltung, die zum Handeln aufforderte.

In der Performance „Was geht…“ setzten sich 11 junge Künstler*innen des Vereins für Jugend- und Kulturarbeit im Kreis Segeberg e.V. (VJKA) aus den Bereichen Theater und Bildende Kunst mit der Zensur von Kunst auseinander.

In persönlichen, mutigen Werken setzten sie sich mit Fragen nach Freiheit, Identität und dem Recht auf künstlerischen Ausdruck auseinander – und präsentierten ihre Ergebnisse in einer Ausstellung in der REMISE. Doch was als klassische Ausstellung begann, entwickelte sich zu einer emotional aufwühlenden Performance:
Gerade hatte die feierliche Eröffnung durch Edda Runge und Jennifer Herrmann begonnen, als plötzlich zwei vermeintliche Ordnungskräfte den Raum betraten – mit strengem Blick und wortloser Präsenz. Was niemand ahnte: Es handelte sich um Schauspielende des Theater-Jugend-Clubs – und der eigentliche Teil der Performance begann.

Ohne ein Wort durchstreiften sie den Raum, markierten Werke mit einem „A“ für „entartet“, zertrümmerten Skulpturen, rissen Zeichnungen ab, zerknüllten oder zerstörten sie. Die Reaktionen der Besucher*innen reichten von Entsetzen über Sprachlosigkeit bis hin zu Protest. Einzelne stellten sich schützend vor die Werke, riefen „Stopp“ – andere verweigerten das geforderte Verlassen des Raumes. Eine Besucherin umklammerte sogar eine Säule als stillen Akt des Widerstands.

Draußen im Hof versammelten sich die herausgedrängten Besucher*innen. Die Tür der REMISE wurde lautstark verschlossen – davor ein Schild: „Entartete Kunst“.
Tobias Horstmann, Theaterpädagoge und Ideengeber der Aktion, klärte die Situation auf – und leitete in ein gemeinsames intensives Nachgespräch über.

Was folgte, war mehr als nur Reflexion: Es war ein kollektives, tiefgehendes Gespräch über Zivilcourage, Gruppendynamik, Ängste und Mut.
Wie hätte ich damals reagiert? Und wie reagiere ich heute?
Besonders berührend: Eine Jugendliche sagte zu ihrer couragierten Großmutter, die stark protestiert hatte:

„Ich kenne dich – aber jetzt habe ich noch mehr Respekt vor dir.“
Die Antwort der Großmutter:
„Ich glaube, ich hätte damals nicht lange in Freiheit überlebt, weil ich rebelliert hätte. Aber solidarisch zu handeln ist wichtig – auch wenn man Angst hat. Wenn man den Kreis der Familie um den der Freunde erweitert, kann man in einem größeren Wirkungsfeld Haltung zeigen.“

Diese Kunstaktion war mehr als eine Ausstellung – sie war ein emotionales Trainingsfeld für Haltung, eine Einladung zum Mitdenken, Mitfühlen und Mitverantworten.

Ein Projekt des VJKA-Teams:
Jennifer Herrmann (Kunst), Tobias Horstmann (Theater), Edda Runge (REMISE) – gemeinsam mit 11 engagierten Jugendlichen, die uns beeindruckt und bewegt haben.

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